Month: June 2017

Waffenbrüder. Freunde. Hier Kandros.

 

Unsere Zeit in Heleus war intensiv, geprägt von inneren und äußeren – teils erwarteten, teils unerwarteten – Konflikten.

 

Lassen Sie mich zuerst folgendes sagen: Als ich mich der Initiative anschloss und nach Andromeda aufbrach, hatte ich nicht vor, ein Soldatenleben zu führen. Allerding ist das Leben, das ich mir hier in Heleus aufgebaut habe – dieses Leben als Anführer der Miliz –, aufregender und befriedigender, als ich erwartet hatte. Und das liegt an Ihnen allen, an Ihrer Entschlossenheit und Ihrer Kompetenz. Ich bin glücklich, derart fähige Soldaten befehligen zu dürfen. Mir ist klar, dass Sie ein zusammengewürfelter Haufen von Milizionären sind, die sich lieber in Andromeda niederlassen würden, als ihren Dienst zu verrichten. Aber kein Kommandeur einer regulären Armee könnte sich etwas besseres wünschen.

 

Kommen wir nun zu Ihrer Mission: die Kett. Diese Arschlöcher. Es tut mir leid, dass ich Sie schon wieder gegen diese seelenlosen, hässlichen, knochengesichtigen, mutterlosen, ignoranten Bastarde in die Schlacht schicken muss. In meiner ganzen Karriere habe ich keinen Gegner getroffen, der widerwärtiger war, als die Kett und ihr als Fortpflanzung getarnter Genozid.

 

Feuerstellung Aqua, die erst kürzlich von den Roekaar zurückerobert wurde, ist nun in der Hand der Kett. Diese hinterlistigen, grauen Feiglinge. Wandelnder Abschaum. Gehen Sie da rein und machen Sie möglichst viel kaputt. Dezimieren Sie die Kett, sabotieren Sie sie und treten Sie ihnen in den Arsch.

 

Sie schaffen das. Viel Spaß dabei. Zeigen Sie diesen dummen, aufgeblasenen Bastarden, wozu die gute alte Evolution fähig ist. Zeigen Sie ihnen, dass Integrität und Anstand mächtig und verdammt schmerzhaft sein können.

 

Es ist mir eine Ehre, mit Ihnen zu dienen. Kandros Ende.

DRINGEND: Hochgradig heikle und zeitkritische Information.

 

Weitergeleitet an die Nexus-Führung durch den angaranischen Widerstand:

Abgefangen vom Geheimdienst des Widerstands

Beteiligte: unbekannter Kämpfer in Feuerstellung Aqua und Roekaar-Leitung auf Voeld

Beginn der Übersetzung:

[UNBEKANNTER ROEKAAR]         Commander, wir werden gerade angegriffen, aber unsere Hacker haben aufregende und unerwartete Informationen entdeckt.

[COMMANDER OJAEG]  Ich höre. Dieser Kanal ist sicher.

[UNBEKANNTER ROEKAAR] Wir haben eine systemische Schwäche in der Schild-Tech des Milchstraßen-Feindes entdeckt, die unsere Wissenschaftler ausnutzen können.

[COMMANDER OJAEG] Eine großartige Neuigkeit. Damit können wir alle unsere Feinde auf einmal besiegen. Senden Sie die Informationen an den Außenposten auf Voeld. Sobald wir genau wissen, wie wir unsere “Codebombe” liefern, erhalten alle Basen entsprechende Anweisungen.

[UNBEKANNTER ROEKAAR] Leite Übertragung jetzt ein.

[COMMANDER OJAEG] Sie haben soeben das Leben vieler Ihrer Roekaar-Brüder und -Schwestern gerettet. Solche Heldentaten bleiben nicht unbelohnt.

Übertragung beendet

 

Commander Kandros, Evfra hat mich gebeten, obiges Gespräch umgehend an Sie weiterzuleiten. Er weist darauf hin, dass besagte Informationen keinesfalls von der Basis auf Voeld aus verbreitet werden dürfen. Es wäre eine tödliche Katastrophe sowohl für die Initiative als auch für den Widerstand.

Viel Glück für Sie und Ihre Truppen!

APEX, hier ist Kandros. Wir beobachten gerade eine Entwicklung in einer Angara-Anlage mit dem Codenamen Feuerstellung Aqua, die von einer Roekaar-Zelle übernommen wurde. Wir müssen dort eindringen und sie zurückerobern. Evfra de Tershav, der Anführer des angaranischen Widerstands, hat darum gebeten, direkt zu Ihnen zu sprechen.

 

Soldaten, ich bin Evfra de Tershav – reden wir über die Roekaar.

Die Roekaar sind Angara, aber ich versichere Ihnen, sie sind unser gemeinsamer Feind. Man muss ihnen entgegentreten und sie eliminieren. Ich hasse die Roekaar, und ich will Ihnen auch sagen, warum:

Ich hatte eine Lieblingsmutter (wie die meisten Angara, sie geben es nur nicht zu). Ich habe meine Mutter Joevett geliebt, weil sie unerschütterlich und leidenschaftlich in ihrem Glauben war und zugleich mehr Güte und Mitgefühl zeigte als alle anderen, die ich kannte. Sie lehrte mich, dass Mitgefühl keine Schwäche ist, sondern eine Stärke.

Außerdem war sie die Geschichtenerzählerin unserer Familie. Sie erzählte gerne die vergessenen Geschichten von Voeld vor der Geißel: die gewaltigen Städte, die Technologie, der Alltag. Einmal baute sie ein Instrument auf Basis einer Beschreibung in einem alten Gedicht – es sah irgendwie falsch aus, und man konnte keine Musik darauf spielen. Eines Tages brachte sie alle Geschwister und Verwandten zu einem Berg, damit wir das Instrument hinunterwerfen und mit Schrotflinten darauf schießen konnten. Damals wurde viel gelacht.

Nicht lange danach verschleppten die Kett meine Familie. Sie “schalteten sie aus”, wie wir sagen. Meine Mutter Joevett war an jenem Tag nicht da und blieb darum verschont – aber sie war danach nie mehr dieselbe. Die Roekaar stürzen sich auf Überlebende wie sie. Eine Zelle rekrutierte sie für den Kampf gegen die Kett – dann gegen die “Milchstraßeneindringlinge” und schließlich … gegen ihre eigenen Leute.

Ich stand ihr vor Kurzem selbst auf dem Schlachtfeld gegenüber. Widerstand gegen Roekaar. Meine Lieblingsmutter sah mich voller Güte und Mitgefühl an, so wie früher … und schoss dann auf mich. Ich weiß nicht, was danach mit ihr geschah, aber in dem Moment schwor ich, die Roekaar zu bekämpfen, bis Heleus befreit ist von ihrem Hass und ihren Lügen. Was eine Mutter dazu bringt, auf ihren eigenen Sohn zu schießen, ist zutiefst böse.

Die Kett nahmen mir meine Familie, aber die Roekaar nahmen mein Herz. Das muss ein Ende haben.

Evfra Ende.